SDL*21 digi­tal

Ja, ich bin privi­le­giert, da ich im Vorstand des BVTS bin. Ich durfte das erste digi­tale SDL zum Thema „THEATER_DIGITALITAET“ in Ulm „live“ erleben.

Ja, ich war sehr skep­tisch, was die Beteiligung von außen, also Fachtagungsteilnehmer:innen und Schulgruppen betraf, ABER:

Das SDL ist online gegan­gen! Über 60 Fachtagungspässe wurden ausge­stellt, 15 Gruppen aus 15 Bundesländern hatten eine Produktion im Stream. Außerdem gab es noch vier Gastspiele, die sich mit dem oben genann­ten Thema auf span­nende Weise ausein­an­der­ge­setzt hatten. Die Aufführung „Die Welle“ aus St. Petersburg, die als Gewinnerin aus dem Schultheaterfestival in deut­scher Sprache hervor­ge­gan­gen war, zeugte davon, dass der immer aktu­elle Stoff auch von Nichtmuttersprachler:innen über­zeu­gend darge­bo­ten werden kann.

Die Fachtagung mit den beiden Vorträgen bildete am Sonntag, dem 19.09., den Auftakt. Der Vortrag vom Markus Lobbes zum Thema „Digitale Ausspielformate in der Darstellenden Kunst verste­hen und vermit­teln“ gab einen Einblick in das Thema. Erfrischend und leben­dig hielt Uta Plathe ihren Vortrag zum Thema „Neuland“, indem sie häufig über eine Plattform die Zuschauer:innen animierte, aktiv teil­zu­neh­men. Immer wieder ist es ein Genuss, die Frau mit den Wuschelhaaren und den großen Augen zu erleben.

Ab Montag gab es am Vormittag und Nachmittag bzw. Abend gestreamte Aufführungen, die nicht, wie ich vermu­tet hatte, vorran­gig Zoom-Optik benutz­ten, sondern sich ande­rer Varianten der Umsetzung digi­ta­len Theaters, wie z. B. TikTok, Gathertown, Instagramm usw. bedien­ten. Meine Highlights waren die Aufführung „FEMINISMUSS“ der baye­ri­schen Gruppe unter der Leitung von Ingund Schwarz und „Schön“, ein Tanztheaterstück der Bremer Gruppe.

Soweit ich weiß, hatten die Gruppen auch unter­ein­an­der häufig Kontakt, indem sie vor allem Instagram benutz­ten. Kilometerweit vonein­an­der entfernt, in Schulen, Jugendherbergen und sogar in Ferienwohnungen unter­ge­bracht, schau­ten die Gruppen die Aufführungen und erar­bei­te­ten die Rückspiele. Diese waren so orga­ni­siert, dass Partnergruppen in Form eines klei­nen Videos Höhepunkte der Aufführung ihrer Partnergruppe als Miniperformance erarbeiteten.

Natürlich gab es Pannen, vor allem tech­ni­scher Art: „Hört ihr mich? Seid ihr da? Seht ihr mich?“ – Aus diesem Grund konn­ten die Fachforen und Rückspiele nicht immer pünkt­lich begin­nen. Egal, alle Teilnehmer:innen nahmen das sportlich.

Faszinierend war, dass es eine Festivalatmosphäre redu­zier­ter Art unter uns weni­gen Menschen vor Ort gab, die wir sehr genos­sen haben.

Ich persön­lich hoffe sehr, dass das nächste SDL ein analo­ges wird, denn kein digi­ta­les Tool kann die persön­li­chen Gespräche beim Verlassen des Theaters erset­zen, das Kaffeetrinken in der ausrich­ten­den Stadt, die wuseln­den Gruppen mit den typi­schen Rucksäcken vom SDL, das Anstehen beim Mittag und die nächt­li­chen Diskussionen über Theater ersetzen.