Mit zwei Jahren Verspätung konnte vom 24.–26. April 2022 nun endlich die Zentrale Arbeitstagung (ZAT) des Bundesverbandes Theater in Schulen e. V. (BVTS) in Wolfenbüttel statt­fin­den. Über 40 Teilnehmende, darun­ter Mitglieder der Landesverbände sowie Studierende und am Thema Interessierte tausch­ten sich an drei voll gepack­ten und span­nen­den Tagen zum Thema „Schultheater und Transkulturalität“ aus.

Den Auftakt zur Tagung machte eine Podiumsdiskussion unter der Überschrift „In trans­kul­tu­relle Gespräche kommen“. Die Referentinnen berich­te­ten von Ergebnissen aus einem univer­si­tä­ren Forschungsprojekt zum Thema Transkulturalität und disku­tier­ten die Möglichkeit des Verortens vom Unterrichtsfach Darstellendes Spiel/Theater im Orientierungsrahmen Globales Lernen und Nachhaltige Entwicklung. Der dritte Impuls erfolgte perfor­ma­tiv mit einem indi­schen Tanz und stellte unse­ren eige­nen Blick auf eine „andere“ Kultur in Frage.

Der zweite Tag begann mit einem trans­kul­tu­rel­len Audioguide durch die Innenstadt von Braunschweig, in dem eine gebür­tige Braunschweigerin in den Austausch mit einer brasi­lia­nisch­stäm­mi­gen Einwohnerin trat und beide von ihren unter­schied­li­chen Sichtweisen auf die Stadt als Lebenraum warfen. Zurück in der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel bega­ben sich die Teilnehmenden in einen von drei Workshops, welche das Thema der Tagung praxis­ori­en­tiert, perfor­ma­tiv und/oder theo­re­tisch reflek­tie­rend aufgrif­fen. Im Workshop „Hear Your Voice“ konn­ten die Teilnehmer:innen spie­lend erfor­schen, wie „Stimme“ und „Protest“ perfor­ma­tiv bear­bei­tet und auf der Bühne eindrucks­voll in Szene gesetzt werden können. Im ange­lei­te­ten Spiel wurde versucht, auf „Protestszenen“ szenisch zu antwor­ten und damit in einen diskur­si­ven Dialog zu treten. In einem ande­ren Workshop mit dem Titel „Table Conversations“ wurde in aller Stille der Versuch unter­nom­men, allein mit den Händen zweier Personen und einem Tisch dazwi­schen in einen gemein­sa­men Dialog zu kommen. Es entstan­den kleine „Tischunterhaltungen“, welche im Anschluss in einer Diskussion über mögli­che Machtverhähltnisse und kultu­relle Zuschreibungen greif­bar gemacht wurden.

Der Tag endete mit der bewe­gen­den Premiere von Uta Plates neuem Projektergebnis „1.300km und ein Klick“, einem Film, der als Ergebnis eines deutsch-serbi­schen Online-Projektes Ende 2021 entstan­den ist. Durch die Live-Zuschaltung von Uta Plate konn­ten die Teilnehmenden tiefe Einblicke in die Arbeitsweise der Dramaturgin und Theaterpädagogin gewinnen.

Der letzte Tag begann mit insge­samt fünf Beispielen aus der trans­kul­tu­rel­len Praxisarbeit. Es stell­ten sich Initiativen und Vereine vor, die bereits erfolg­reich mit jungen Menschen, unter ande­rem mit Fluchterfahrung, gear­bei­tet haben.

In einer abschlie­ßen­den Runde wurden für das Schultheater wegwei­sende Perspektiven und Denkanstöße für den eige­nen Unterricht gebün­delt, wobei auch die Auseinandersetzung mit der jeweils eige­nen trans­kul­tu­rel­len Haltung thema­ti­siert wurde. Am Ende der Tagung steht die Frage im Raum, ob das Konzept von Transkulturalität im Schultheater hilft, Denkmuster zu über­win­den oder eher den Blick auf „das Andere“ verstärkt.

Wir gehen mit vielen Gedanken zu diesem komple­xen Thema zurück in unse­ren Unterricht und möch­ten uns für die hervor­ra­gende Organisation dieser erst­mals wieder in Präsenz statt­ge­fun­de­nen Fortbildung beim Landesverband Niedersachsen, dem BVTS und der Bundesakademie in Wolfenbüttel herz­lich bedanken.

Cindy Reinhardt und Benjamin Gutschmidt